Alternative Medienarbeit im Fokus

 

Vom 7. bis 17.11. findet in Wien zum ersten Mal die Alternative Medienakademie (AlMA) statt. Sie richtet sich an MedienmacherInnen, AktivistInnen und Interessierte im Umfeld der alternativen Medien und soll neben der Ermöglichung von Wissensaustausch auch die Organisierung in diesem Bereich vorantreiben.

 

Von LiMA zu AlMA

 

Die Idee für die AlMA geht auf die Erfahrungen zurück, die man letztes Jahr mit der Linken Medienakademie (LiMA) gesammelt hat. Hans Christian Voigt vom Verein zur Förderung kritischer Medienarbeit und alternativer Medien hebt hervor, dass die lokalen Partnerorganisationen mit der LiMA-Organisation in Deutschland schlechte Erfahrungen gemacht haben und den Löwenanteil der Arbeit leisten mussten. Ohne Intervention wäre vom Verein LiMA e.V. nicht einmal Geld für ReferentInnen zur Verfügung gestellt worden. Unter ungünstigen Bedingungen – so wurde sie kaum beworben – ging also die LiMAwien im Oktober 2012 erstmals in Wien über die Bühne. Das Konzept ging auf, deshalb findet dieses Jahr wieder eine Medienakademie in selbstorganisierter Weise statt. Bei den offenen Organisationstreffen versammeln sich seit Anfang 2013 diverse alternative Medien von der Zeitschrift MALMOE bis zu ZIGE.TV, unterstützt wird die AlMA u.a. von der IG Kultur Österreich und der Bildungsabteilung der GPA-djp. Getragen werden soll die AlMA von einem Zielpublikum aus gewerkschaftlich Aktiven, Studierendengruppen und alternativen Medien. Als Eckpfeiler definiert Voigt das Angebot von Schulungen; Vernetzung; die Belebung des Diskurses zu Themen wie Arbeits- und Produktionsbedingungen oder Überwachung und Repression; und schließlich politische Organisierung.

 

Bedingungen für kritische Medienarbeit

 

Es wäre ein guter Start, wenn die AlMA zu einer breiten Plattform aus alternativen Medien anregen kann, die in einem offenen Prozess Forderungen an die Politik aufstellt. So kämpfen viele alternative Medien noch immer mit dem Problem, dass der überwiegende Teil der Ressourcen und sehr viel Zeit in die Aufrechterhaltung der Infrastruktur gesteckt werden müssen, was zu Lasten der eigentlichen Medienarbeit geht. Besonders in den Jahren nach 2000 war die Finanzierung der freien Radios sehr umkämpft, da die schwarzblaue Regierung die Förderungen drastisch kappte. Aber auch heute gibt es, trotz vor allem unbezahlt geleisteter Arbeit, nach wie vor Engpässe in der Infrastrukturfinanzierung, sagt Paula Pfoser von der MALMOE-Redaktion. Pfoser hebt auch die finanziellen Probleme der alternativen Zeitschriften hervor. Die kleine Presseförderung reicht lange nicht aus, um die Druck- und Versandkosten decken zu können und steht in keinem Verhältnis zu den Presseförderungen der großen Zeitungen. Georg Schütz von ZIGE.TV sieht hinter den knapp bemessenen Fördermitteln eine Methode, um die alternativen Medien gegeneinander auszuspielen. Während die Masse an Förderungen an die großen kommerziellen Medienhäuser fließt, streiten sich die kleinen selbstorganisierten Medien um die Brotkrumen. Außerdem basiert die Arbeit im alternativen Bereich überwiegend auf ehrenamtlichem Engagement und Selbstausbeutung. Vina Yun stellt fest, dass die im alternativen Spektrum üblichen prekären Arbeitsverhältnisse sich mittlerweile auch auf den etablierten Bereich ausgedehnt haben, wie zB die Proteste der freien MitarbeiterInnen des ORF gezeigt haben. Die Anerkennung dieser Tätigkeiten durch Entlohnung wäre ein Fortschritt, denn es handelt sich um für die Gesellschaft wertvolle Arbeit, da Probleme thematisiert werden und Bevölkerungsgruppen eine Stimme verliehen wird, die aus dem etablierten Mediensystem herausfallen, so Hans Christian Voigt. Ein Beispiel ist migrazine.at, eine Online-Zeitschrift, deren Redaktion sich ausschließlich aus Migrantinnen zusammensetzt – eine Ausnahme in der österreichischen Medienlandschaft, die sonst von männlichen Mehrheitsösterreichern dominiert wird, so Vina Yun, Redakteurin bei den an.schlägen und migrazine.at, die auf der AlMA einen Workshop zu feministischer Medienarbeit anbieten werden.

 

Verschiedene Logiken

 

Für Hans Christian Voigt stehen die alternativen Medien als dritte Säule in einem trialen System neben den öffentlich-rechtlichen und privaten Medien. Letztere sind durch das klassische Verhältnis zwischen HerausgeberIn und JournalistIn gekennzeichnet und vorrangig kapitalträchtigen AnzeigenkundInnen verpflichtet. Alternative Medien hingegen produzieren ihre Inhalte nach einer anderen Logik, denn sie stehen ihrer jeweiligen Community nahe. Paula Pfoser weist auch auf den antidiskriminatorischen Grundkonsens hin, der die alternativen Medien verbindet. Sie wehren sich gegen die im etablierten Mediensystem gängige Reproduktion von Herrschaftsverhältnissen wie Kapitalismus, Sexismus und Rassismus. Vina Yun sieht die Definition, was alternative Medien ausmacht, einer beständigen Auseinandersetzung unterworfen. Die Abgrenzung von profitorientierten Interessen sowie Parteilichkeit sind Yun zufolge aber wesentliche Merkmale. Hinter dem Anspruch der „Objektivität“ versteckt sich eine bestimmte Sichtweise, die von alternativen Medien hinterfragt wird – indem sie ihre Position explizit und ihre Perspektive transparent machen. Im November wird sich zeigen, ob die AlMA ein Schritt in Richtung gemeinsamer Organisierung der alternativen Medien sein wird.

 

unveröffentlicht (2013)

Comments are closed, but trackbacks and pingbacks are open.