Auf Reisen zwischen Ernst und hemmungslosem Hedonismus

 

Alle stressen sich und hetzen von Termin zu Termin
Ich Schmeiß` den Wecker aus dem Fenster und bleib neben mir liegen
Es ist für mich so logisch, doch die Menschen finden es seltsam
sie fliegen und wir liegen auf ’ner Decke am Elbstrand

Ich lass die Uhr ticken, ich lass den Fluss fließen
Mein Herz schlägt und ich muss es genießen

(Neonschwarz – On a Journey)

 

Am 22.1. gastierte die Hip Hop-Band Neonschwarz aus Hamburg zu ihrem mittlerweile dritten Konzert in Wien. Vor den begeisterten Fans im vollen B72 gaben Marie Curry, Johnny Mauser, Captain Gips und der DJ Spion Ypsilon diverse Nummern aus ihrem Zeckenrap-Repertoire zum Besten.

 

Neonschwarz, der Name des gleichnamigen Albums, das 2010 erschienen ist – die Band bildete sich 2012 – „drückt ganz gut unseren Platz zwischen ernsten Themen und hemmungslosem Hedonismus aus“, stellt die Band im Interview fest. Während Hip Hop für Neonschwarz die größte Rolle für ihr Schaffen spielt – „wir sind ziemlich froh, dass sich Hiphop gerade in eine Richtung entwickelt, in der Inhalte wieder eine größere Rolle spielen“ – sind die Bandmitglieder auch offen für andere Musikrichtungen. Angesprochen auf die Quelle ihrer Inspiration meinen Neonschwarz: „Captain Gips schreibt am liebsten am Elbstrand mit Kaffee und Zigarette, Marie kriegt die besten Ideen, wenn sie zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs ist aber wir haben da auch kein Geheimrezept. Manchmal kommen gute Zeilen komplett unerwartet, da ist es immer gut, Stift und Papier dabei zu haben.“

 

Die Stimmung im Publikum im B72 war gut gelaunt. Auf dem gefüllten Parkett wurde viel getanzt und gehüpft. Für Neonschwarz war das Konzert in Wien „sensationell“, sowohl die Menschen im Publikum als auch die Gruppe auf der Bühne hatten merklich viel Spaß. „Wir sind immer wieder beeindruckt, dass es in fast jeder Stadt Menschen gibt, die unsere Texte mitsingen können. Besonders schön ist für uns natürlich immer wieder, wenn wir antirassistische Songs wie z.B. „2014“ spielen und die Leute das feiern. Es ist wirklich gut zu sehen, dass wir mit unseren Fans auf einer Linie stehen.“

 

Neonschwarz thematisieren eine breite Palette von Inhalten. So bringt die Gruppe mit „Love will never die“ ihre eindrückliche Anklage gegen Homophobie vor – „Ob jetzt Frau – Frau – Mann – Mann – Frau – Trans – Händchen hält. Mensch liebt Mensch, das ist alles was zählt“. In „2014“ wird der Rassismus kritisiert, was vor dem Hintergrund der Proteste gegen Flüchtlingsheime in Deutschland und der Aufmärsche von Pegida in Dresden eine brennende Aktualität gewinnt. Neonschwarz rufen zu zivilcouragiertem und solidarischem Handeln auf: „Bitte guck nicht weg, bitte misch dich ein. Stell dich wie ne Mauer vor das Flüchtlingsheim!“ Das Konzert fand eine Woche vor dem Akademikerball rechtsextremer Burschenschaften und der FPÖ in der Hofburg statt – Neonschwarz appellierten daher von der Bühne, sich an den antifaschistischen Protestaktionen zu beteiligen, was die Menge mit „Alerta Antifascista“-Rufen beantwortete.

 

Auch wenn es an anderer Stelle heißt, dass Utopie nicht greifbar sei, so verschafft sich in den Texten von Neonschwarz doch immer wieder die Lust auf das gute und schöne Leben für alle Luft. Angelehnt an Rio Reiser und Ton Steine Scherben performen Neonschwarz mit „Unser Haus“ auch das leidenschaftliche Plädoyer für die bunte Vielfalt und die kreative Kultur der Freiräume in besetzten Häusern: „Wer keinen Platz zum Pennen hat und wer bisher noch kein Zimmer fand, kommt alle mit, verdammt, wir holen uns unser Nimmerland!“

 

Neonschwarz bringen ihre lebensfrohe Philosophie in Songs wie „Hinter Palmen“ und „On a Journey“ zum Ausdruck: Lass dich nicht unterkriegen und genieße dein Leben in vollen Zügen – „Ich bleib dabei: Die Welt ist kacke, doch das Leben ist schön“, so die Botschaft der Gruppe in „Heben ab“. Und höre niemals auf, nach deinen Träumen zu greifen, auch wenn dir manchmal Steine in den Weg gelegt werden: „Gestern war vielleicht der Pleitegeier am Start. Und morgen Strand, 30 Grad und Papayasalat. … Rio sagt, uns trennt nur die Angst von dem besten Leben. Schmeiß dich mitten rein, saug es auf, was kann es bessres geben.“

 

(unveröffentlicht, 2015)

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